Text zum Antikriegstag 2023

Am heutigen 1. September wird in Deutschland traditionell der “Antikriegstag” begangen, der auf den Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen im Jahr 1939 zurückzuführen ist und somit mahnend an den Beginn des zweiten Weltkrieges erinnern soll. Doch auch heute rollen wieder deutsche Panzer in Richtung Osten; auch heute tobt ein Krieg in Europa und droht eine Eskalation, die in einem dritten Weltkrieg münden könnte. Die Bundesrepublik Deutschland bereitet sich auf ein solches Szenario vor, indem aktuell das größte militärische Aufrüstungsprogramm seit 1945 vollzogen wird. 

Die Ursache dafür ist im Kampf um die Neuaufteilung der Welt zu finden, dem sich sowohl alte imperialistische Mächte des Westens – militärisch im sich ausdehnenden Kriegsbündnis NATO organisiert – als auch neuimperialistische Staaten wie Russland angeschlossen haben. Letzterer hat sich im Februar 2022 aktiv dazu entschieden, den politisch-ökonomischen Konkurrenzkampf auf dem Weltmarkt mit einem mörderischen Krieg als “bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln” (C. von Clausewitz) militärisch zu eskalieren. Dem sind bislang auf beiden Seiten zehntausende Tote zum Opfer gefallen – und ein Ende des massenhaften Sterbens und der Zerstörung ist nicht in Sicht. Während die russische Propaganda von der “Entmilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine” (Putin) spricht, um die imperialistische Aggression nach Außen zu legitimieren, bedient die westliche Propaganda das Narrativ eines Kampfes zwischen “Demokratie und Autokratie, zwischen Freiheit und Unterdrückung” (Biden) – kurz: zwischen Gut und Böse – um unter anderem die immensen Waffenlieferungen mit einerangeblich “werteorientierten Außenpolitik” zu rechtfertigen.

Als Revolutionär:innen im imperialistischen Zentrum Deutschland muss unser Fokus darauf liegen, fernab der uns umgebenden bürgerlich-ideologischen Einflüsse eine materialistische Analyse zu erarbeiten, welche die wahren Interessen “unserer” Herrschenden entlarvt. Neben der Anerkennung des nationalistischen Großmachtstrebens Russlands und seiner imperialistischen Ausprägung ist es daher zentral, vor allem die Interessen des westlichen und deutschen Imperialismus in diesem Krieg zu benennen. Diese äußern sich langfristig in der Erweiterung der politisch-ökonomischen Einflusssphäre (unter anderem innerhalb der ukrainischen Staatsgrenzen) und sind damit einhergehend auch in der militärischen und ökonomischen Schwächung des Konkurrenten Russlands zu finden. Gleichzeitig verzeichnen die herrschenden Kapitalist:innen aus Ölkonzernen und der Rüstungsindustrie schon jetzt immense Gewinne. Christian Lindner und seine Verbündeten sind also nicht gemeint, wenn dieser davon spricht, dass der Ukraine-Krieg uns alle ärmer macht. Gemeint sind wir, die Arbeiter:innenklasse aller Staaten, die die Folgen des Wirtschaftskriegs in Form der Inflation zu spüren bekommen; wir, die nun im Winter frieren sollen oder uns die Lebensmittel nicht mehr leisten können, weil die Herrschenden verschiedener kapitalistischer Staaten um Einflussspähren und Ressourcen kämpfen, um ihre Profite zu maximieren und das uns unterdrückende Ausbeutungssystem weiter aufrecht zu erhalten. Für uns steht daher weiterhin fest: “Der Hauptfeind steht im eigenen Land!” (Karl Liebknecht) Um diese Positionierung klein zu halten und die immense Aufrüstung zur Vorbereitung weiterer zwischenimperialistischer Kriege rechtfertigen zu können, nimmt die beschriebene Ideologisierung der Bevölkerung zur Identifikation mit dem “eigenen” Imperialismus stetig zu. Bis in linke Kreise hinein äußert sich das in einer Militarisierung der Gesellschaft, deren Debatten infolgedessen von Nationalismus und Kriegstreiberei geprägt sind. Ehemalige Pazifist:innen sprechen sich plötzlich für Waffenlieferungen und den “heldenhaften Tod fürs Vaterland” aus. Sich selbst bezeichnende Kriegsgegner:innen stellen sich plötzlich an die Seite der herrschenden Klasse und ihre kapitalistischen Krisenprofiteure, während diese die materiellen Lebensbedingungen der Arbeiter:innen aktiv schwächen und für ihre Interessen unsere Klassengeschwister aus der Ukraine und Russland tödlich gegeneinander aufhetzen lassen. 

Um das gegenseitige Abschlachten zu beenden und das kapitalistisch-imperialistische Ausbeutungssystem als Grundlage dessen zu überwinden, müssen sowohl russische als auch ukrainische Arbeiter:innen und Soldat:innen die jeweils eigenen Herrschenden als Kriegstreiber:innen erkennen und ebenfalls als die ihrigen Hauptfeinde bekämpfen.Ein solches Bewusstsein des proletarischen Internationalismus sowie eine entsprechende sozialistische Friedensbewegung aufzubauen, haben sich verschiedene revolutionär-kommunistische Organisationen aus Russland und der Ukraine zum Ziel gemacht. Um unsere internationale Solidarität auszudrücken, haben wir uns der Kampagne „Nieder mit dem Krieg“ (Infos unter niedermitdemkrieg.de) angeschlossen, deren Initiator:innen durch die Sammlung finanzieller Mittel eine Unterstützung leisten für den beschriebenen antiimperialistisch-revolutionären Kampf der betreffenden Organisationen. Wenn ihr euren Teil dazu beitragen wollt oder Interesse an entsprechendem Merch habt, meldet euch bei uns oder direkt bei den Kontaktmöglichkeiten der Kampagne. 

Gemeinsam sagen wir: Nieder mit dem Krieg! Solidarität mit den Kommunistinnen und Kommunisten in Russland und der Ukraine

Proletarischer Internationalismus bedeutet Solidarität mit der arbeitenden Klasse und allen die für ihre Befreiung kämpfen.