Antifaschismus

„Wer über den Kapitalismus nicht reden will, sollte über den Faschismus schweigen.“

– Max Horkheimer


Der Faschismus lässt sich nicht auf einer reinen ideologischen Ebene, durch die Boshaftigkeit Einzelner oder psychologische Muster erklären. Er ist ein Produkt und eine Form des Kapitalismus in seiner brutalsten Form. Der bürgerliche Antifaschismus in der BRD nach 1945 reduziert den Faschismus auf seine ideologischen Merkmale von Rassismus, Antisemitismus und Führerkult, oder setzt durch die sogenannte Hufeisentheorie oder Totalitarismustheorien gar Faschismus und Sozialismus gleich. Ideologische Merkmale des Faschismus können nicht geleugnet werden – insbesondere nicht in Deutschland, in dem die Nazis aufgrund ihrer Rassenideologie Millionen von Menschen ermordeten, die nicht in ihr Weltbild passten. Aber ideologische Merkmale sind nicht der einzige Wesenszug des Faschismus. Während sich der Faschismus an der Macht in Deutschland von 1933 bis 1945 als „die offene terroristische Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente“ (Dimitroff) des Kapitals bestimmen lässt, müssen wir uns als Antifaschist:innen heute über den Charakter des Faschismus klar werden.
Der antifaschistische Kampf darf sich daher nicht auf die Bekämpfung von rechten Strukturen oder Parteien beschränken, sondern muss sich das Ziel setzen, die Ursache des Problems, also den Kapitalismus und den Imperialismus zu bekämpfen. 

Die in einer ganzen Reihe von Ländern immer stärker werdende Transformation von bürgerlich-demokratischen in konservativ-autoritäre Regime zeigt die Gefahr des Faschismus. Die Zeit, in der kaum fa- schistische Parteien über eine Massenbasis verfüg- ten, geht zu Ende. In Zeiten der zunehmenden ökonomischen und politischen Krisen bekommen genau diese verstärkt Zulauf. Der Faschismus hat seine Ursache letztendlich in den ökonomischen, politischen und ideologischen Prozessen der kapitalistischen Gesellschaft und seiner gegenwärtigen imperialistischen Ausprägung. Die kapitalistischen Verhältnisse und der bürgerliche Staat schaffen durch ihren Klas- sencharakter, ihre neoliberale Verelendungspolitik und Entfremdung überhaupt erst den Nährboden für den Faschismus. Er vertieft die Spaltung durch Rassismus, Antisemitismus und Antifeminismus zu Gunsten einer „Einheit des Volkes“ nach außen. In Krisen dient er so als das letzte Bollwerk des Kapitals, um mit Gewalt die kapitalistische Produktions- weise und Eigentumsordnung zu bewahren und sei- ne imperialistischen Interessen durchzusetzen. Parteien wie die AfD, NPD oder III. Weg mögen sich noch so sehr als Alternative zur herrschenden Politik stili-sieren. Sie sind keine Kraft, auf die sich die Arbeiter:innenklasse stützen kann, sondern müssen von dieser bekämpft werden.
Auch ohne eine explizite Machtergreifung oder Machtübergabe wie 1933 beobachten wir in den letzten Jahrzenten eine zunehmend Faschisierung bürgerlicher Demokratien durch den massiven Ausbau eines autoritären Sicherheitsstaates, der sich in verschärften Polizeigesetzen oder durch neue Überwachungs- und Kontrollsysteme zeigt. Die Kontinuität einer nie erfolgten Entnazifizierung in der Nachkriegs-BRD zeigt sich bis heute. Unter dem Vorwand von Law & Order oder der Terrorismusbekämpfung werden neben Antifaschist:innen auch andere progressive Kräfte bekämpft, während faschistische Gruppen wie der NSU vom Verfassungsschutz mit ausgebaut und geschützt werden und sich in Polizeibehörden und Bundeswehr Nazis und Reichsbürger weiter bewaffnen.

Der Faschismus ist, auch wenn er hier mit dem in- dustriellen Massenmord an sechs Millionen Juden seine grausamste Ausprägung gefunden hat, kein auf Deutschland reduzierbares Problem. Auf der ganzen Welt können wir historisch und gegenwärtig faschistische Regime und Bewegungen identifizieren, die sich zwar im Einzelfall in ihrer Erscheinungsform oberflächlich stark unterscheiden können, im Kern aber als die Unterdrückung der revolutionären Bestrebung der Arbeiter:innenklasse zugunsten des Erhalts des kapitalistischen Ausbeutungssystems zu verstehen sind.
Ein klassenbewusster Antifaschismus ist demnach mit der Praxis breiter Bündnisse um jeden Preis (vor allem mit bürgerlichen Parteien und Organisationen) nicht zu vereinbaren. Im Kampf gegen den Faschismus sind der kapitalistische Staat und seine Parteien keine Verbündeten, sondern Teil des Problems und müssen ebenfalls bekämpft werden. Sie sind es, die Antifaschist:innen, die die Zustände nicht hinnehmen wollen, kriminalisieren und mit Repression überziehen und im Zweifelsfall mit Faschist:innen kooperieren oder koalieren.

Der Antifaschismus in der Praxis muss mehr als „schwarzer Block“ sein, mit dem die Bevölkerung nichts verbindet außer Krawall. Militanter Antifaschismus ist notwendig und legitim, er muss aber neben der Bekämpfung faschistischer Organisationen auch klassenbewusst und revolutionär den Kapitalismus als Wurzel des Faschismus bekämpfen und sich in der Bevölkerung verankern. Es braucht eine kämpferische und gut organisierte Arbeiter:innenklasse, die Antifaschismus selbst in die Hand nimmt! Auf der Straße, im Viertel im Betrieb und überall sonst, wo es gilt dem Faschismus entgegen zu treten!

„Über dem Chaos der heutigen Zustände wird sich die Riesengestalt des Proletariats mit dem Rufe aufrecken: Ich bin der Wille! Ich bin die Kraft! Ich bin der Kampf, der Sieg! Mir gehört die Zukunft!“

– Clara Zetkin
Infolge des Aufstiegs der NSDAP rief die KPD im Jahr 1932 zur „Antifaschsitischen Aktion“ auf.