Statement zum Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen

Häusliche Gewalt – eine der größten Risiken für Frauen

Gewalt zwischen Liebenden?! Wie ist das möglich?

Mit der Entstehung des Privateigentums erwuchs die Notwendigkeit der monogamen Familie, des Anspruchs auf sexuelle Treue unter Partner:innen – Vor allem der Treue der Frau, die die Erben des Mannes gebären sollte. So wurde die Ehe aus ökonomischen Überlegungen heraus geboren. Es sollte sichergestellt werden, dass das angehäufte Kapital ja nicht an die falschen Kinder vererbt wird. Der alleinige Anspruch des Partners auf den weiblichen Körper war erwachsen zugunsten der Konzentration von Kapital.

Die heutige Herrschaftsform – die bürgerlichen Herrschaft bedarf der Aufrechterhaltung der Privatfamilie. Diese Institution sichert, dass die Arbeitskraft kostenlos durch Frauen und andere gebärende Personen (wieder-)hergestellt wird, und das Kapital so effizient wie möglich ausbeuten kann.

Die Aufrechterhaltung der Privatfamilie bedarf einer entsprechenden Liebesmoral. Die bürgerliche Liebesmoral lehrt die Menschen, ein Anrecht auf die ganze geistige Welt des:der Partner:in und seine:ihre alleinige Zuneigung zu haben. Sie bringt uns bei, alle unsere Bemühungen hätten unseren Partnerschaften und der daraus keimenden Familie zu dienen. Sie erklärt, die Liebe zwischen zwei Menschen sei die höchste Form der zwischenmenschlichen Empfindungen.

Männer lernen von klein auf, dass sie ein Anrecht auf die Fürsorge durch ihre Partnerinnen, auf die von ihnen kostenlos geleistete Reproduktionsarbeit haben – darauf, dass sie den Haushalt schmeißen, emotional verfügbar sind, und die Kinder großziehen. Dieses Besitzverhältnis bildet den Boden für Gewalt gegen Frauen in der Partnerschaft.

Gewalt gegen Frauen ist das Instrument, mit dem dieses Herrschaftsverhältnis manifestiert und abgesichert wird – Mit dem Ziel, die Frau klein zu halten und ihr ihre gesellschaftliche Rolle deutlich zu machen. In unserer Gesellschaft dürfen Männer ihr Ego gewaltsam wieder aufrichten, wenn ihre gesellschaftliche Position in Gefahr ist – Wenn sie von Krisen betroffen sind, sie Angst vor sozialem Abstieg haben müssen. Dieses System ist darauf angewiesen, dass der gesellschaftliche Grundwiderspruch nicht öffentlich angegriffen wird, sondern die daraus entstandene Wut im Privaten entladen wird.

Die Gewalt, die wir in unseren Beziehungen erleben, bewegt sich also in dem Rahmen, den das kapitalistische Patriarchat Männern gibt. Gewalt wird nur in dem Maße geahndet, wie es der Aufrechterhaltung dieses Systems nicht abträglich ist und emanzipatorische Stimmen besänftigt. So musste sich bspw. die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe von Feminist:innen erkämpft werden. Selbst für die Strafverfolgung entsprechend der bestehenden Gesetze muss auch noch heute gekämpft werden.

Gewalt gegen Frauen nimmt zu. Gründe dafür gibt es viele: Unser Kampf für wachsende Unabhängigkeit zeigt Erfolge; der gesellschaftliche Konkurrenzdruck steigt; erkämpfte soziale Reformen werden rückgängig gemacht; die Armut grassiert. 

Aber mit jeder weiteren Schwester, die misshandelt und getötet wird, wächst unsere Wut. Wir warten nicht auf den Sozialismus. Der feministische Befreiungskampf wird seit Jahrhunderten geführt. Wir knüpfen an die Errungenschaften der Frauenbewegung an und führen den Kampf für Unabhängigkeit, Gleichberechtigung und Selbstbestimmtheit im Hier und Jetzt konsequent weiter.