Arbeitskampf und Gewerkschaften

Arbeitskämpfe und Gewerkschaftsarbeit sind bis heute eine der grundlegendsten Formen von Selbstermächtigung und Organisierung der Arbeiter:innenklasse gegen die bestehenden ökonomischen Verhältnisse und für einen revolutionären Aufbau von unten.

Dabei gehen Arbeitskämpfe und gewerkschaftliche Arbeit weit über die öffentliche Wahrnehmung von Streiks hinaus: Sie umfassen auch die  Etablierung und Ausbildung von Betriebsräten, Kampagnenarbeit zur Teilhabe an Tages- und Sozialpolitik sowie die rechtliche Unterstützung und Vertretung von Arbeiter:innen bei arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen vor Gericht.
Ein Großteil der Arbeitskämpfe findet demnach nicht nur auf der Straße im Rahmen von Streiks und nach gescheiterten Tarifverhandlungen statt, sondern unmittelbar in den Betrieben.
Sowohl gewerkschaftlich organisierte Arbeitskämpfe als auch allgemeine Arbeitskämpfe sind vielfältig und äußern sich unter anderem in der Aufklärungsarbeit über die eigenen Rechte im Betrieb, durch die Etablierung einer innerbetrieblichen Mitbestimmung durch Betriebsräte bis hin zur vollständigen gewerkschaftlichen Organisierung eines Betriebes.

In den Momenten, in denen gewerkschaftlich organisierte Arbeiter:innen sich als Vertrauensleute der jeweiligen Gewerkschaft in ihren Betrieben als Ansprechpartner:innen für Kolleg:innen zu erkennen geben und somit zur Zielscheibe von Vorgesetzten in diesen Betrieben werden, findet Arbeitskampf statt. An diesem existenziellen Arbeitsplatz werden sie direkt mit Repression konfrontiert.
Ebenso geschieht das in den Momenten, in denen Arbeiter:innen die Initiative ergreifen, einen Betriebsrat zu gründen um effektiv für die Interessen der Arbeiter:innen zu kämpfen. Oder auch in den Momenten, in denen sich nicht-organisierte Arbeiter:innen an ihre Betriebsräte wenden um sich gegen Ungleichbehandlung von Vorgesetzten zu wehren oder allgemein gegen Missstände aufbegehren.

Auch, wenn sie die Solidarität ihrer Betriebsräte oder  Vertrauensleute und Gewerkschaftsekretär:innen erhalten, führen sie den unmittelbaren Kampf im Betrieb oft alleine und das meist auch gegen mehrere Konfliktparteien wie Vorgesetzte, Personalabteilungen und resignierte Arbeitskolleg:innen.
Die daraus resultierenden Konsequenzen in Form von Schikane, Diskreditierung bis hin zur Kündigung betreffen sie unmittelbar. Daraus resultieren weitere Kämpfe wie die Sicherung des Arbeitsplatzes durch eine Klage auf Wiedereinstellung.

Dabei sollte die Gewerkschaftsarbeit potenziell nicht nur der Sicherung, Durchsetzung und Verbesserung der Rechte der Arbeiter:innenklasse im Rahmen von Tarifverhandlungen dienen, sondern darüber hinaus auch dem Ziel der Übernahme der Betriebe der Kapitalist:innen durch die Arbeiter:innen. Er muss somit als Teil des Klassenkampfes verstanden werden.

Statt Klassenkampf erleben wir jedoch insbesondere durch die DGB-Gewerkschaften sogenannte Sozialpartnerschaften, die Hand in Hand mit den Interessen der Kapitalist:innen gehen und diese als Interessen der Arbeiter:innen propagieren. Jene Interessen stehen sich jedoch unversöhnlich gegenüber.
Auf dieser Grundlage führen sie vermeintlich erfolgreiche Arbeitskämpfe, wie es die letzten Tarifverhandlungen Anfang des Jahres gezeigt haben: Abschlüsse mit Einmalzahlungen und Reallohnverlust im Rahmen der Sozialpartnerschaften und im Interesse der Betriebe und der „deutschen Wirtschaft“ werden dann als „Erfolge“ gefeiert.

Die durchweg hohe Kampfbereitschaft der Arbeiter:innen zur Ablehnung der Tarifangebote und zur Fortsetzung unbefristeter Streiks wurde dabei seitens der Gewerkschaften missachtet.
Dies zeigt deutlich, welches Potenzial von der Arbeiter:innenklasse ausgeht und welche Rolle die Gewerkschaften dabei spielen, dieses Potenzial im Keim zu ersticken.

Die Haltung der DGB-Gewerkschaften kann jedoch nicht losgelöst vom historischen Kontext betrachtet werden:

Kurz nach Ende des zweiten Weltkriegs etablierten sich besonders in der Kohle- und Stahlindustrie Kämpfe um die Kontrolle von Verwaltungen und Betrieben sowie um die Entnazifizierung von Funktionär:innen – durchgeführt von fortschrittlichen Arbeiter:innen und Kommunist:innen, da gewerkschaftliche Organisationsmöglichkeiten mit Beginn des NS Faschismus untersagt waren.

Der Einfluss von Kommunist:innen in den Betrieben nahm bedeutsam zu, sodass die Schaffung der heutigen DGB-Gewerkschaften, die unter sozialdemokratischem Einfluss erfolgte, durch die damaligen Besatzungsmächte im Interesse des deutschen Kapitals gefördert wurde.
Aus diesem Grund bestehen die bis heute andauernden reformistischen Haltungen und die damit verbundenen systemkonformen Sozialpartnerschaften, die letztlich auf ein Miteinander setzen statt auf den Klassenkampf zwischen Arbeiter:innen und Kapitalist:innen.

Darüber hinaus spiegeln die gewerkschaftlichen Strukturen auch die vielfältigen Formen gesellschaftlicher Unterdrückung wider und lassen diese dort fortbestehen.
Die Gewerkschaften sind mehrheitlich männlich und weiß geprägt, was sich durch alle gewerkschaftlichen Ebenen zieht und sich auch deutlich in der Sozial- und Tarifpolitik widerspiegelt, in der meist eine weibliche und migrantische Perspektive fehlt.
Die Gewerkschaften tragen durch ihre Strukturen und ihre reformistische Haltung also dazu bei, dass sich die Situation für Arbeiter:innen verschärft, was sich durch diversere Repräsentanz auch nicht auflösen lassen würde.

Dies bestätigt auch die Aussage der DGB Vorsitzenden Yasmin Fahimi, nach der nicht die Zeit für „kapitalismuskritische Grundsatzdebatten“ sei.

Auch aus diesem Grund werden die Versuche, Repräsentanz in den Gewerkschaften zu schaffen, die Problematik der strukturellen Ungleichheit und Verschärfung dieser nicht lösen.

Migrantische Arbeiter:innen sind davon noch stärker betroffen, da sie es sind, die oftmals in den besonders prekären Anstellungen arbeiten und keine Interessenvertretung durch die Gewerkschaften erfahren.
Auch durch die derzeitige Arbeitspolitik, die immer mehr prekäre Arbeitsverhältnisse wie beispielsweise Leiharbeit fördert, trägt dazu bei, dass vor allem Migrant:innen immer weiter an den Rande des Arbeitsmarktes gedrängt werden und aus dem Blickfeld rücken, was dazu führt, dass sie sich in einer Black Box der Ausbeutung befinden.
Dass sich die rassistischen und patriarchalen Strukturen auch in den DGB Gewerkschaften wiederfinden, entspringt der Logik des Kapitals und dient dieser, denn die DGB Gewerkschaften pflegen kein antagonistisches Verhältnis zum bürgerlichen Staat und den kapitalistischen Produktionsverhältnissen

Dies hält uns jedoch nicht davon ab, Arbeitskämpfe und auch Gewerkschaftsarbeit als absolut notwendig für einen revolutionären Aufbau zu erachten.

Besonders aus den vergangenen Tarifrunden können wir erkennen und lernen, dass entgegen der Ergebnisse der Verhandlungen, die zu schlechten Tarifabschlüssen führten, welche deutlich auf die Haltung der Gewerkschaftsspitzen zurückzuführen sind, ein hohes Potenzial von der Arbeiter:innenklasse ausgeht und dass eine deutliche Bereitschaft besteht, diese Kämpfe zu führen.

Aus diesem Grund stehen wir solidarisch an der Seite derer, die Arbeitskämpfe führen und erkennen die Notwendigkeit der DGB Gewerkschaft zur Verbesserung der Kampfbedingungen an.
Wir sehen es als unsere Aufgabe, Teil dieser Kämpfe zu sein, um eine sozialistische Perspektive in diese tragen zu können und echten Klassenkampf darin nicht mehr als Utopie erscheinen zu lassen.
Die Verankerung in der Arbeiter:innenklasse und in den gewerkschaftlichen Strukturen sowie der Kampf darin muss theoretisch erarbeitet und durch die Praxis korrigiert erfolgen.

Dabei ist der Kampf für ein allseitiges Streikrecht inkl. Generalstreikrecht ebenso unerlässlich wie der Kampf gegen die reformistische Bürokratie.
Die Gewerkschaftsarbeit zielt daher nicht auf Gewinnung von Gewerkschaftsposten ab, sondern auf die Bildung eines revolutionären Klassenbewusstseins.

Diese Welt wird unsere sein, wenn wir sie uns nehmen.