100 Jahre Hamburger Aufstand

„Das große Resultat des Hamburger Aufstands ist, daß die Arbeiter den scheinbar unbesiegbaren Klassenfeind dreimal 24 Stunden lang in seiner ganzen Schwäche gesehen haben. In den Hamburger Tagen haben die Arbeiter die Bourgeoisie am Rande des Abgrunds gesehen. Und sie werden diesen Augenblick niemals vergessen. Darum gehört der Hamburger Aufstand nicht der Geschichte an, sondern er ist eine Probe für die Zukunft.“

Ernst Thälmann

Heute vor 100 Jahren, am 23. Oktober 1923, begann der Hamburger Aufstand. Dieser Aufstand entsprang weder dem Zufall noch dem Willen von ein paar Verschwörer:innen. Der Hamburger Aufstand entsprang der revolutionären Situation vom Herbst 1923. Zu dieser Zeit umfasste Deutschland eine tiefe Krise. Die Ruhrbesetzung seit Anfang des Jahres hatte das Kapital hart getroffen und die Inflation stieg immer weiter an. Bereits in den vorherigen Monaten gab es immer wieder teils bewaffnete Aufstände in verschiedenen deutschen Städten.
So stürmten in den Morgenstunden des 23. Oktobers zahlreiche Kommunist:innen und revolutionäre Arbeiter:innen ganze 26 Hamburger Polizeiwachen. Die Arbeitervororte Barmbeck und Schiffbek befanden sich nach der Überrumpelung der Polizei vollständig in der Hand der bewaffneten Arbeiter:innen. Die revolutionären Arbeiter bildeten daraufhin provisorische Ausschüsse, richteten eine Gemeindeküche ein und organisierten Patrouillen. Die ersten Angriffe einer Polizeihundertschaft konnten zurückgeschlagen werden, aber die militärische Übermacht der Polizei war zu groß. Im Auftrag des Kapitals und des bürgerlichen Staates reagierten sie mit blutiger Gewalt. Am 25. Oktober wurde der Aufstand endgültig niedergeschlagen.
Nach dem Hamburger Aufstand wurde die Repression gegen revolutionäre Kräfte verstärkt, sodass viele Kommunist:innen untertauchen mussten. Die bürgerlichen Parteien inklusive der SPD schürten die Angst vor einer Revolution nach dem Vorbild der russischen Oktoberevolution von 1917 und verklärten den Aufstand zu einem brutalen Putschversuch. Die SPD hatte bereits im Vorfeld Anteil an der Bekämpfung des Aufstands. Auf der Betriebsrätekonferenz in Chemnitz zwei Tage vor dem Aufstand gelang es der SPD – insbesondere ihrer rechten Führung – den Generalstreik zu verhindern, wodurch sie zum wiederholten Male die Arbeiter:inneklasse verriet. Doch auch die KPD Führung muss kritisiert werden: Denn trotz einer objektiv revolutionären Situation entschied sie sich hier für einen opportunistischen Rückzieher.
Der Hamburger Aufstand scheiterte also wie vorherige Versuche des revolutionären Aufbegehrens an mangelhafter Vorbereitung und Führung sowie an seiner lokalen Isolation. Die Niederlage des Hamburger Aufstandes ist trotzdem nicht nur als ein Abschnitt in der Geschichte der kommunistischen Bewegung zu betrachten, der heute häufig romantisiert wird, sondern zeigt auf, was der KPD damals nicht gelang: Eine systematische organisatorische Verbindung mit den Arbeiter:innen in den Betrieben herzustellen, um im entscheidenden Moment Kurs zu halten und gegen opportunistische Tendenzen anzukämpfen. Nur so wäre es möglich gewesen, eine revolutionäre Erhebung nachhaltig und koordiniert zum Erfolg zu führen. Ernst Thälmann, der am Aufstand teilnahm, folgerte:


„Die Machtergreifung des Proletariats ist kein einmaliger Akt. Sie besteht nicht nur in dem militärischen Kampf gegen die Truppen der Bourgeoisie, sondern sie muß durch jahrelange, ausdauernde Arbeit der Kommunistischen Partei und des ganzen Proletariats vorbereitet werden. Die kommenden Sieger über die Bourgeoisie müssen durch unzählige Teilkämpfe erzogen, vorbereitet, organisiert werden.“

Das ist die Lehre des Hamburger Aufstandes. Um diese umzusetzen, benötigt es zunächst die geeinte Kommunistische Partei, die sich tief in der Arbeiter:inneklasse verankert und ihr Vertrauen gewinnt. Das ist die Hauptaufgabe unserer Zeit.